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]IL 3. Wortbiegungslehre. Declination. 4034.]Zweites Buch.Wortbiegungslehre.einen Theil derDie rom. haben, wie andere neuere Sprachen,alten Biegungsformen eingebüsst. Die Ursache liegt in einer ge-wissen der Volkssprache natürlichen Nachlässigkeit : die strenge vonden Quantität abhängige Aussprache jener Formen soGesetzen derwie ihre Mannigfaltigkeit wird unbequem, ihr Laut wie ihre Bedeu-tung verdunkelt sich, und endlich sucht der nach Deutlichkeit strebendeSprachsinn diesen in dem Organismus der Sprache entstandenenMangel durch Hülfswörter ersetzen. stehenangemessene zu Dieseihrerentweder selbständig oder als Affixe da, pflegen aber aus in-dividuellen Bedeutung in eine abstracte, der grammatischen Form,welche sie vertreten, entsprechende tiberzugehen. Eigentlich wäreallerdie Abhandlung dieser Hülfswörter als vollkommener GegensätzeFlexion der Flexionslehre fremd und müsste theils in die Wortbildung,theils selbst in die Syntax verwiesen werden. Allein ihre Abson-derung von jenem Theile der würde das, was sich in demGrammatikGefühle undder Völker zu einem Ganzen gestaltet hat, zerreissenLücken zur Schau stellen, welche nicht einmal die Grammatik syn-thetischer Sprachen duldet; und scheint es ..." />
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GRAMMATIK
DER
ROMANISCHEN SPRACHEN
VON
FRIEDRICH DIEZ.
ZWEITER THEIL.
FÜNFTE AUFLAGE.
BONN,
EDUARD WEBER'S VERLAG,
(JULIUS FLITTNER.)
1882.* '^v' k>
]IL 3. Wortbiegungslehre. Declination. 4034.]
Zweites Buch.
Wortbiegungslehre.
einen Theil derDie rom. haben, wie andere neuere Sprachen,
alten Biegungsformen eingebüsst. Die Ursache liegt in einer ge-
wissen der Volkssprache natürlichen Nachlässigkeit : die strenge von
den Quantität abhängige Aussprache jener Formen soGesetzen der
wie ihre Mannigfaltigkeit wird unbequem, ihr Laut wie ihre Bedeu-
tung verdunkelt sich, und endlich sucht der nach Deutlichkeit strebende
Sprachsinn diesen in dem Organismus der Sprache entstandenen
Mangel durch Hülfswörter ersetzen. stehenangemessene zu Diese
ihrerentweder selbständig oder als Affixe da, pflegen aber aus in-
dividuellen Bedeutung in eine abstracte, der grammatischen Form,
welche sie vertreten, entsprechende tiberzugehen. Eigentlich wäre
allerdie Abhandlung dieser Hülfswörter als vollkommener Gegensätze
Flexion der Flexionslehre fremd und müsste theils in die Wortbildung,
theils selbst in die Syntax verwiesen werden. Allein ihre Abson-
derung von jenem Theile der würde das, was sich in demGrammatik
Gefühle undder Völker zu einem Ganzen gestaltet hat, zerreissen
Lücken zur Schau stellen, welche nicht einmal die Grammatik syn-
thetischer Sprachen duldet; und scheint es räthlich, die systema-so
tische Strenge zu Anschaulichkeit bei SeiteGunsten der practischen
bei-zu setzen und jene Hülfswörter den Biegungsformen unmittelbar
zufügen.
I
Erster Abschnitt.
Declination.
Sie geht vor sich am Subst., Adj., Numeral und Pron., und
dient, die Beziehungen Wortarten nach Genus, Numerus unddieser
Diez roman. Gramm. II. 6. Aufl.404 Declination. Genus. Numerus. Casus. [II. 4. 5.
Casus zu bezeichnen in der Art, dass eine Flexionsform alle drei
Beziehungen in sich fassen kann.
1. Das Genus war dem Römer dreifach, männlich, weiblich,
neutral, d. i. geschlechtlos. In den Tochtersprachen hat sich das
neutrale in einigen Redetheilen, wenn auch nicht gleichmässig auf
allen Gebieten, nach Form und Begriff erhalten, wovon später. Im
Subst. aber ist es erloschen (auch im Celtischen nicht vorhanden),
und die ihm vormals angehörigen Wörter haben sich zum Masc. ge-
schlagen, dem sie wenigstens in der 2. Decl. der Grundsprache for-
mell am nächsten standen. Dies Ereignis gibt sich schon im frühesten
Mlatein kund. Hss. der L. Sal. z. B. setzen unbedenklich retemj
animalem, membrus, vesügius, precius (Pott S. der Vocab. Galli126); S.
folius, palatius, templus, tedus, stahulus, cupiculus und ähnlich schalten
andre alte Glossare so wie die Urkunden. Hiermit verlor das Rom.
einen Hauptzug grossendes indisch-europäischen Gebietes, während
andere wieneue Mundarten, die jetzige griech., ihn bis heute be-
haupten. Freilich muss man einräumen, dass dieser Verlust eine
schwer vermeidliche Folge der rom. Wortumbildung war, welche die
neutrale Form verdunkeln oder völlig verwischen musste. Selbst der
Artikel, dernicht einmal zur Bezeichnung des Genus berufen ist, würde,
wenn man ihn, wie im Span., in drei Formen zerlegt hätte, nur eine
kümmerliche Aushülfe geboten haben, da das Adj. eine solche Zer-
legung durchaus versagte. Einige der rom. Mundarten mögen dieser
Geschlechtsform schwerer entsagt haben als andre: davon zeugen it.
und churw. PI. wie corna, membra. Dass die dem Neutr. ursprüng-
lich zugehörigen Wörter aber nach einem so summarischen, lediglich
auf die Endformen begründeten Verfahren einem einzigen Geschlechte
zugewiesen wurden, war kaum anders zu erwarten : eine Scheidung
|
in männliche und weibliche hätte eben so wohl wie die Einführung
eines unbestimmten Geschlechtes nur das Werk einer frühern zur
poetischen Auffassung der Aussenwelt gestimmten Sprachperiode
sein können.
2. Der Numerus war im Griech. dreierlei, Sing., Dualis, PL;
im Lat. nur noch zweierlei, Sg. und PI.; weiter konnte er in den
Tochtersprachen nicht herabkommen, und sie unterscheiden ihn mit
genügender Bestimmtheit.
3. Der Casus waren es sechs, Nom., Gen., Dat., Acc, Voc,
Abi. formell fiel; Nom. und Acc. häufig, Nom. und fast schlecht-Voc.
hin. Dat. und Abi. im Sg. kaum, im PI. stets Der Casus-zusammen.
flexion hieng also schon eine Unvollkommenheit welche aber diean,
edelsten Sprachen mit der lat. theilen.
Im Rom. ist diese Flexion untergegangen ; nur die alten Sprachen
Frankreichs schieden, wenn auch bei weitem nochnicht durchgängig,
den Nom. vom Acc, und das Wal. Fallescheidet in einem einzelnenII. 5. Declination. Casus.6.] 405
noch immer den Voc. vom Nom. Sämmtliche fünf bis sechs Casus
jedes Numerus treffen also nun in einer und derselben Form zusammen.
Dem Neugriech. dagegen verblieben die alten Casus mit Ausnahme
des Dat.
Es fragt sich hier, welches ist jener normale Casus, dem man
den wichtigen Vorzug einräumte, alle Übrigen zu vertreten? Ist es
in allen Sprachen derselbe? Die Verrauthung wird für den Nom.
ausfallen, den casus redus, der, wie sein Name sagt, den Begriff nur
nennt. Allein die Erfahrung widerspricht, denn bei weitem die
meisten Wörter weisen in ihrer Bildung auf einen der casus obliqui:
wie Hesse sich it. nieve auf nix, sp. amigos auf amici, fr. comte auf
comes zurtickleiten? Die normale Form ist auch nicht in allen Sprachen
dieselbe: neben das sp. amigos stellt sich das it. amici, ein Nom.
neben einen Acc.
SpracheEs scheint zweckmässig, jede für sich zu betrachten,
mit der pr. aber, die noch zwei Casus unterscheidet, den Anfang zu
machen. Hier lautet der Nom. Sg. ans (annus), sor (soror), PI. an
|
(anni), serors (sorores). Dass diese Nom. unmittelbar aus den beige-
fügten lat. geflossen seien, wird niemand bestreiten: die Sg. ans, sor
lassen sich nur aus annus, soror, der PI. an nur aus anni erklären;
serors könnte zwar auch sorores herkommen. Da abervom Acc. die
Nominativform überhaupt einmal ausgemacht ist, so wäre es unnütz,
sie in diesem einzigen Falle verläugnen zu wollen. Die casus obli-
qui oder der casus obliquus (denn es findet nur eine Form statt)
lautet: Sg. an, serör, PI. ans, serors. Sämmtliche Wörter passen zum
lat. Acc, die drei ersten auch zu andern Casus, an zum Gen. oder
Abi. (Dat.), seror und ans eben so zum Abi. Aber dem Acc. gebührt
der Vorzug, da das gleichstehende vierte Wort serors nicht in1)
sororibus, sondern allein in sorores seinen Grund haben kann; da2)
bei den Neutr., worin sich Acc. und Abi. strenger scheiden, (corpus,
corpore), überall nur die erste Form als casus obliquus zur Geltung
kommt, wie in corps, lafjs, ops, peiU, temps {corpus, latus, opus,
pecüis, tempus)^; da das zu gewordene m des Acc sich3) n
noch in einigen {meum, tuum,Wörtern, wie mon, ton, son, ren
Gendre, fr. Accusativform, aber das1) genre von genus ist freilich keine
Wort war schwerlich volksüblich, es war ein Ausdruck der Schule und die Form
mit r kann in der üblichen Phrase cujus genei'is ihren Ursprung gehabt haben.
— Um zu beweisen, einnehmendass auch ein andrer Casus die Stelle des Acc.
konnte, beruft sich Littre, Hist. d. 1. 1. fr. II, auf cheve (geschr. cheue) im333,
Fr. V. Val. (wn edre sore sen cheve, lat. hederam super caput Jonae), in welchem
Worte nicht caput, Man darfsondern capite oder eapiti enthalten sein könne.
indessen nicht übersehn, dass die Alten, um den Consonanten u vom Vocale u
zu unterscheiden, zuweilen ein stummes e beifügten, man sollte cheue sprechen
wie chev = also und sprachenehef, wie noch jetzt. So schrieben sie aueril
zweisilbig avril. S. 367.Declination. Casus. [II. 6—8.406
suum, rem), erhalten hat. Aber noch bleibt die Gestalt der 1. Decl.
coronae, Coronas konnteerwägen. Aus Corona, coronam, nach denzu
Lautregeln pr. Corona für den Sg., coron, Coronas für den PI. hervor-
gehen. Und so ist es auch, nur dass man für corow(denn die Sprache
tonlose e gemeiniglich ab) Coronas setzte, um die 1. Decl.stösst das |
der 2. zu vermengen. So zeigt uns das Pr. in jedem Nu-nicht mit
mindestens der 2. und 3. Decl. eine unterscheidende Bezeich-merus
des Nom. und Acc; am getreuesten vergegenwärtigen uns dienung
jene schon erwähnten Nomina mit dem Acc.ursprüngliche Flexionsart
Nom. auf s zusteht: mos mon, res ren, oderauf n, sofern ihnen ein
— Dieselbe Einrichtung ist auch demder PL dui dos (duo duos) ^
nochAltfranz, eigen, ja dieses Idiom besitzt offenbare Acc. der 1. Decl.
wie antain v. amitam; mit dem fortschreitenden Verfalle der gram-
matischen Formen verfiel sie endlich hier wie dort: der Nom. wich
Acc, doch erinnern noch verschiedene Nominativ-gewöhnlich dem
pr. queux (coquus),formen, wie ßens vrlt. (fimus, fems), fonds (fundus),
Louis, chantre (cantor), peintrerets (retis), Charles, Jaques, (pictor)^
(minor),traitre (traditor), maire (major), moindre pire (pejor), sire,
(senior), soeur (soror), on (homo), an das ursprüngliche Dasein dieses
2.Casus
Im Span, findet keine Unterscheidung zwischen casus rectus
und obliquus Corona, ano, ladron, der PI.statt: der Sg. ist Coronas,
aflos, ladrones. PI. Coronas, anos zeugenDie Formen des bestimmt
für den Acc. Dieund ladrones nicht dagegen. des Sg. Corona, ano,
ladron würden sich nach dem Buchstaben alle aus dem Abi., zum
Theil aus dem Dat. oderNom. herleiten lassen; allein da keine pho-
netischen Gründe entgegenstehen, ist es folgerichtig, den Acc. auch
|
für diesen Numerus als Normalcasus in Anspruch zu nehmen, denn
m erleidet grundsätzlich Apocope und hat, in n geschwächt, sein
Andenken noch in quien (quem) dem veralteten ren (rem)und er-
halten. Die Annahme des Abi. oder Dat. würde dagegen auf grosse
Hindernisse stossen : wie wären cuerpo, lado, pecho, tiempo und andre
ursprüngliche Neutra auch hier aus corpore, latere, pectore, tempore
Bei res1) könnte die Vergleichung des altfr. Nom. riens aus dem Acc.
rien denselbenVorgang voraussetzen aus rens; aber letzterelassen, res syncopiert
Form ist wohl ohne Beispiel. Hier scheint das Prov. mit dem Altsp. zusammen-
zutreffen, wori