Project Gutenberg's Der Schleier der Pierrette, by Arthur Schnitzler This eBook is for the use of anyone anywhere at no cost and with almost no restrictions whatsoever. You may copy it, give it away or re-use it under the terms of the Project Gutenberg License included with this eBook or online at www.gutenberg.net
Title: Der Schleier der Pierrette Pantomime in drei Bildern Author: Arthur Schnitzler Release Date: March 31, 2010 [EBook #31842] Language: German Character set encoding: ISO-8859-1 *** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK DER SCHLEIER DER PIERRETTE ***
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Den Bühnen gegenüber als Manuskript gedruckt. Das Textbuch darf nur dann[S. 1] zu Bühnenzwecken benützt werden, wenn vorher das Bühnenaufführungsrecht durchunsereVertreterFelixBlEroben(cAdolfhSliundwErnsitn Bl)o,BcehNrW.,lLuisienstrnaße21,fürÖsterreich-Ungarn Dr.O.F.Ei,Wr,iiII.,Precaterstnrhaße38,rechtmäßigerworbenwurde.
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DER SCHLEIER DER PIERRETTE.
P A N T O M I M E I N VON
ARTHUR SCHNITZLER.
MUSIK VON ERNST VON DOHNÁNYI.
Alle Rechte, insbesonders Aufführungs-, Nachdrucks- und Übersetzungsrecht vorbehalten.
Déposé à Paris. Déposé à Paris. Eigentum des Verlegers für alle Länder. L U D W I G (Bernhard Herzmansky)
WIEN LEIPZIG PARIS I., Dorotheergasse 10. Täubchenweg 21. Max Eschig IX., 13 Rue Laffitte. Eigentum für Schweden, Norwegen, Dänemark und Finnland:Carl Gehrmans Musikförlag, Stockholm. Copyright 1910 byLudwig Doblinger(Bernhard Herzmansky),Leipzig. All performing rights strictly reserved.
Inhalt.
Personen. I. Bild. Erste Szene. Zweite Szene. Dritte Szene.
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Vierte Szene. Fünfte Szene. Sechste Szene. II. Bild. Erste Szene. Zweite Szene. III. Bild. Erste Szene. Zweite Szene. Dritte Szene.
Personen.
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Pierrot. Pierrette. Pierrettens Vater. Pierrettens Mutter. Arlechino, Pierrettens Bräutigam. FFlroerdestan} Freunde.P rrots ie Annette. Alumette. Gigolo, ein junger Herr. Ein dicker Klavierspieler. Ein zweiter Klavierspieler. Ein Geigenspieler. Ein Klarinettist. Diener des Pierrot. JAlutnegHeeHrreernr,enal,tjeunDgaemDeanmen} eitsgäste.als Hoch z
Ort und Zeit der Handlung: das Wien vom Beginn des vorigen Jahrhunderts.
Erstes Bild: Zimmer des Pierrot. Zweites Bild: Festsaal im Hause von Pierrettens Eltern. Drittes Bild: Zimmer des Pierrot.
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Rechts und links vom Zuschauer.
I. Bild.
Das Zimmer Pierrots. Bescheiden eingerichtet. Schreibtisch ungefähr Mitte, mehr rechts. Davor Lehnsessel. Hinten rechts Divan. Weiter vorn an der Wand ein Spinett mit Leuchtern. Noch weiter vorn eine Etagère, darüber Bilder. Auf der Etagère Bücher. Ganz vorn rechts die Eingangstür. Vorne links ein Wandspiegel, darunter eine Kommode, darauf zwei Leuchter und eine kleine, leere Blumenvase. Links hinten ein Schrank. Vorne Tischchen, Divan mit Lehne und zwei Sessel. Vorne mehr rechts das Bild Pierrettens auf einer Staffelei. Im Hintergrund erkerartiger Ausbau mit großem Fenster. Ausblick auf die Basteien und auf die Türme der Stadt. Nahe der Türe Kleiderhaken mit Mantel und Hut Pierrots. Abenddämmerung.
E r s t e S z e
Pierrottraditionellen Pierrot- und des Altwiener Kostüms)(Kostüm: ein Gemisch des sitzt vor dem Schreibtisch, den Kopf in beide Hände gestützt. Steht auf und geht im Zimmer auf und ab. Bleibt vor der Staffelei stehen. Fleht das Bild Pierrettens an, droht dem Bilde, entfernt sich grollend, kehrt zurück, sinkt vor dem Bilde nieder und schluchzt. Steht auf, geht zum Schreibtische, öffnet eine Lade, entnimmt ihr vertrocknete Blumen, Briefe, Bänder, streut alles auf die Tischplatte, wühlt in den Andenken. Geht zum Fenster, öffnet es, bleibt eine Weile dort stehen. Sinkt auf den Divan rechts vom Fenster und bleibt der Länge nach ausgestreckt liegen.
Z w e i t e S z
Es ist beinahe ganz dunkel geworden. Die Tür rechts öffnet sich, vom Vorzimmer fällt ein ziemlich breiter Lichtschein über den Fußboden hin. Der Dieneran der Tür. Durch eine Handbewegung lädt er die Freunde underscheint Freundinnen Pierrots ein einzutreten. Fred, Florestan, Annette und Alumettetreten ein. Hinter ihnen ein kleiner, dicker Klavierspieler. Fred, Florestanfragen den Diener, wo sein Herr sei. Annette, Alumette,sehen sich neugierig im Zimmer um. Der Dienerweist auf den Stuhl vor dem Schreibtische. Hier ist mein Herr gesessen.1
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Fred, Florestan. Du siehst ja, daß er nicht da ist. Bring doch ein Licht. Der Dienerholt einen Leuchter mit angezündeter Kerze aus dem Vorzimmer, geht zum Schreibtische hin. Fred, Florestanfolgen ihm. Alumettelöscht die Kerze aus. Florestanverweist es ihr. Dienerzündet wieder an. Dienervor dem Schreibtische. Hier ist er doch gesessen. Alle fünf,der Diener mit dem Leuchter voraus, machen einen Rundgang durch das Zimmer, kommen zuletzt zum Divan, auf dem sie Pierrot entdecken. Fred. Ich will ihn rütteln. Florestanhält ihn zurück, zum Diener. Was ist denn mit deinem Herrn geschehen? Dienerzuckt die Achseln. FredFlorestan auf die Staffelei mit Pierrettens Bildkommt auf einen Gedanken, macht aufmerksam. Florestanversteht. Annette, Alumettestehen vor dem Divan und sind von Pierrot entzückt. Fred, Florestanhaben ein zweites Licht angezündet und stehen vor dem Bild Pierrettens. Alumette zu Annette. Ich werde Pierrot aufwecken. Sie will ihn an den Haaren zupfen. Annettehält sie zurück. Alumettebeugt sich nieder und will Pierrot küssen. Annettehält sie zurück. Fred, Florestantreten von dem Bilde fort zu den zwei Mädchen. Fredgibt dem dicken Klavierspieler ein Zeichen, er möge sich hinsetzen und spielen. Der dicke Klavierspielerist bisher an der Tür gestanden, lächelnd und zerstreut.
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Pierrotliegt noch immer bewegungslos. Fred, Florestanschicken den Diener hinaus. Dienerab.
1. was im Text dialogartig gebracht ist, Auch selbstverständlich nur wird pantomimisch ausgedrückt.
D r i t t e S z e
Der dicke Klavierspielersich an das Spinett gesetzt und beginnt einen Walzerhat zu spielen. Florestan, Alumette und Fred, Annettetanzen miteinander. Pierrotwacht auf. Sieht um sich. Versteht nicht, was vorgegangen ist, reibt sich die Augen. Springt auf, geht nach vorne. Die beiden Paarelassen sich nicht im Tanzen stören. Florestan und Alumettesinken endlich auf den kleinen Divan links am Tischchen. Fred und Annettebleiben neben dem Spinett stehen. Pierrotist an den Schreibtisch gelehnt. Fred, Florestan, Annette, Alumettesehen ihn an und lachen. Gehen auf ihn zu, als Paare, verbeugen sich. Fred, Florestanstellen ihre Damen vor. Annette, Alumetteknixen zierlich. Pierrotverbeugt sich tief. Fred. Wir haben dich ja in einem netten Zustand gefunden. Was ist denn mit dir geschehen? Pierrot. Fragt mich nicht. Florestanherzlich. Sag uns doch, was es gibt, vielleicht können wir dir helfen. Pierrot. Laßt nur, mir ist nicht zu helfen. Fred. Ich kann mir ja denken, es handelt sich um Pierrette.
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Pierrot. Laßt mich doch. Annette, Alumetteeilen zu dem Bild hin, als wollten sie es von der Staffelei entfernen. Pierrotzu, beschützt das Bild. Steht mit ausgebreiteten Armenihnen nach, auf sie davor. Fred. Er ist närrisch. Mit ihm ist nichts anzufangen. Florestanergreift Pierrots Hände, entfernt ihn langsam von dem Bilde, geleitet ihn dem Schreibtisch zu. Fred. Schlag dir die Sache aus dem Kopf, Pierrot, es ist nicht der Mühe wert, sich um Pierrette zu kümmern. Komm mit uns. Florestan. Ja, komm mit uns. Annette, Alumettedrängen sich an Pierrot. Komm mit uns. Pierrot,Widerwillens, befreit sich von den andern. Setzt sich inmit einer Gebärde des den Stuhl am Schreibtisch. Fred, Florestanreden ihm weiter zu. Komm mit uns. Wir wollen uns unterhalten. Der Abend ist schön. Wir wollen ins Freie. Wollen trinken, tanzen, küssen. Pierrotbleibt sitzen und schüttelt den Kopf. Fred, Florestanwerden dringender. Annette, Alumettegesellen sich bittend und schmeichelnd hinzu. Fred, Florestan, Annette, Alumetteschließen einen Reigen um Pierrot, umtanzen ihn. Der dicke Klavierspielerbegleitet auf dem Spinett. Pierroterhebt sich. Ärgerlich: Laßt mich in Ruhe. Ich ertrag es nicht länger. Ich kann das Spiel nicht hören. Geht. Eilt zum Spinett, schlägt es heftig zu. Geht nach rückwärts zum Fenster hin. Der dicke Klavierspielerist zusammengefahren.
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Fred, Annette, Florestan, Alumettesehen einander an, fragend, bedenklich, ärgerlich. Florestan. Lassen wir ihn. Fred. Hol ihn der Teufel. Annette, Alumette. Wie schade. Pierrot. Steht mit gekreuzten Armen am Fenster. Die beiden Paareverbeugen sich ironisch vor ihm und verlassen tanzend das Zimmer. Der dicke Klavierspielerfolgt ihnen.
V i e r t e S z
Pierrotam Fenster, blickt teilnahmslos hinaus. Dienertritt ein. Pierrotbemerkt ihn nicht gleich. Dienertritt näher. Pierrot,ihm ein paar Schritte entgegen. Was willst du? Diener. Gnädiger Herr, ich möchte um Ausgang bitten. Pierrot. Warum? Diener. Ich bin verliebt und sehne mich danach mit meiner Angebeteten beisammen zu sein. Pierrotwendet sich widerwillig ab. Dienerbleibt stehen und wartet vergeblich auf Antwort. Nähert sich abermals bittend dem Pierrot. Pierrotwendet sich wieder zu ihm.
Pierrotnoch im Mantel, doch ohne Hut, kommt mit Pierrette, die er an beiden Händen gefaßt hält, ins Zimmer, höchstes Erstaunen in den Zügen. Pierrette(Altwiener Brautkleid mit Nuancen des Pierrettekostüms. Myrtenkranz. Schleier um Haupt und Schultern), steht wie gelähmt da, betrachtet Pierrot mit einem selig verstörten Blick. Pierrot. Träum ich, wach ich? Bist du's? Bin ich's? Wie ist es denn nur möglich, daß du da bist? Pierrettebewegt leise den Kopf. Laß mich nur zur Besinnung kommen. Ja, ich bin hier. Bei dir. Sie beginnt zu schwanken. PierrotArmen aufrecht, geleitet sie zu einem Sessel hin, links vornehält sie in den neben dem Tischchen. Pierrettesinkt in den Sessel.
Pierrotallein. Zum Schreibtisch. Wirft die Blumen und Briefe zu Boden. Geht auf und ab. Nimmt Mantel und Hut vom Haken. Ich will fort, wohin immer. Ins Freie, in die Einsamkeit – – vielleicht in den Tod. Zum Fenster. Sieht hinab. Plötzlich wird er aufmerksam. Beugt sich weit über die Brüstung. Fährt zurück. Ist es möglich? Nein, ich träume. Beugt sich wieder hinaus und verfolgt offenbar eine Gestalt, die sich unter seinem Fenster an der Mauer des Hauses hinbewegt. Er beugt sich noch weiter hinaus. Die Gestalt scheint ins Haustor getreten zu sein und ist seinen Blicken entschwunden. Er tritt vom Fenster zurück in die Mitte des Zimmers in zweifelndem Erstaunen. Er horcht. Kein Zweifel mehr, Schritte auf der Treppe. Er stürzt ins Vorzimmer und verschwindet.
S e c h s t e S
F ü n f t e S z
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Pierrotsinkt vor Pierrette in die Knie, bedeckt ihre Hände mit Küssen. Nun ist alles wieder gut, da ich dich nur habe. Aber erkläre mir doch endlich ... Pierrettesieht ihn mit stummen Augen an. Pierroterhebt sich, schleudert den Mantel weg. So rede. Ich beschwöre dich. Woher kommst du? Ich verstehe ja nichts von allem. Pierretteschweigt. Sieht angstvoll zum Fenster, als hätte sie ein Geräusch gehört. Pierroteilt zum Fenster, blickt hinab, schließt es.beruhigt sie, Eilt zur Türe, blickt ins Vorzimmer, schließt ab. Eilt wieder zu Pierrette zurück. Pierrettehat sich erhoben und breitet Pierrot die Arme entgegen. Pierrotweicht vor ihr zurück, weist auf ihren Myrtenkranz, auf ihren Schleier. Erkläre mir. Sprich endlich. Pierretteöffnet ihre Arme. Komm. Der Schleier gleitet ihr von den Schultern herab und bleibt vorne liegen. Pierrot. Nein, mir graut. Woher kommst du? Pierrette. Was kümmert dich das jetzt? Ich bin ja bei dir. Pierrotweist durch das Fenster hinaus. Aber was ist indessen mit dir geschehen da draußen in der Welt? Pierrette. Frage nicht. Das ist vorbei, ich bin jetzt bei dir und bleibe bei dir. Sie zieht aus ihrem Gürtel eine kleine Silberphiole. Sieh was ich mitgebracht habe. Pierrot. Was ist das? Pierrette. Das ist Gift. Wir wollen miteinander sterben.
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Pierrotnimmt ihr die Phiole aus der Hand. Wie, das sollen wir trinken? Pierrette. Ja. Pierrot. Warum sollen wir sterben? Komm, laß uns lieber fliehen. Pierretteschüttelt den Kopf. Pierrotführt sie zum Fenster hin. Sieh doch, wie schön die Welt ist. All dies ist unser. Komm, laß uns fliehen. Pierrette. Fliehen? Nein! Wohin? Was sollen wir tun? Wir haben kein Geld. Es geht nicht anders, wir müssen sterben. Pierrotschüttelt den Kopf. Pierrette. Wenn du nicht willst, so laß ich dich hier und werde wieder fortgehen. Leb wohl. Sie wendet sich zu gehen. Pierrot. Bleib, bleib. Pierrette. Wozu? Pierrot. Es sei ... Wir werden dieses Gift trinken und werden zusammen sterben. Er umfaßt sie und geht mit ihr zum Divan links. Pierrot und Pierrettelassen sich nieder. Pierrotumarmt Pierrette heiß. Pierroterhebt sich plötzlich. Pierrettebleibt sitzen und sieht Pierrot mit großen Augen an. Pierrotzum Schranke links hinten, öffnet ihn, nimmt zwei Flaschen Wein undgeht einige Gläser heraus. Bringt alles nach vorne und stellt es auf den Tisch.