61^5^ L-6V\VZURGESCHICHTE UND ORGANISATIONRÖMISCHEN VEEETNSWE8ENS.fov 1DREI UNTERSUCHUNGENW. LIEBENAM,DR. PH1I>., PRIVATDOCBNT AN DER UNIVERSITÄT JENA.LEIPZIG,VON B. TEUBNEK.DRUCK UND VERLA« G.1890. I BY~^%l^\\PR[:5?:RVATI0HHDl5Vorwort.Kern sodaliciariam nova explioatione indigere aequi, opinor,iudices haud.Degabunt; si qui negabunt a nobis perfectamliabeamus,esse, tantum abest, ut eos inter malignos censoresut lubentissime iis ipsi assentiamur. ea enim natura est reivix recipiat; itasodaliciariae, ut perpetuain interpretationemradices egit iu totam rem Romanam.(Mommsen, de coli, et sodal. p. 128.)Den drei Untersuchungen zur Geschichte und Organisationdes römischen Vereinswesens, welche ich im Folgenden veröffent-liche, muss ich einige einleitende vorausschicken, welche,Wortebesser ,als der Titel eines Buches es vermag, über den Zweck des-dieselben, Absichten und Ziele des Verfassers unterrichten.Diese Studien bewegen nichtsich auf einem Gebiete, welcheszum Vortheil unserer Kenntniss des Alterthums, insbesondererömischen, mehr alsdes billig vernachlässigt ist. Unsere Er-forschung der socialen und wirthschaftlichen Zustände in derrömischen Kaiserzeit bedarf noch vielfacher Förderung und Auf-klärung; wollen wir zu einer lebenswahren Auffassung des Alter-thums überhaupt gelangen, dann müssen wir nicht allein denHaupt- und Staatsactionen, von denen unsere litterarischen Quellenzumeist berichten, die deshalb auch in den Darstellungen ...
61^5^ L-6V\V
ZUR
GESCHICHTE UND ORGANISATION
RÖMISCHEN VEEETNSWE8ENS.
fov 1
DREI UNTERSUCHUNGEN
W. LIEBENAM,
DR. PH1I>., PRIVATDOCBNT AN DER UNIVERSITÄT JENA.
LEIPZIG,
VON B. TEUBNEK.DRUCK UND VERLA« G.
1890. I BY~^%l^\\
PR[:5?:RVATI0HHD
l5Vorwort.
Kern sodaliciariam nova explioatione indigere aequi, opinor,
iudices haud.Degabunt; si qui negabunt a nobis perfectam
liabeamus,esse, tantum abest, ut eos inter malignos censores
ut lubentissime iis ipsi assentiamur. ea enim natura est rei
vix recipiat; itasodaliciariae, ut perpetuain interpretationem
radices egit iu totam rem Romanam.
(Mommsen, de coli, et sodal. p. 128.)
Den drei Untersuchungen zur Geschichte und Organisation
des römischen Vereinswesens, welche ich im Folgenden veröffent-
liche, muss ich einige einleitende vorausschicken, welche,Worte
besser ,als der Titel eines Buches es vermag, über den Zweck des-
dieselben, Absichten und Ziele des Verfassers unterrichten.
Diese Studien bewegen nichtsich auf einem Gebiete, welches
zum Vortheil unserer Kenntniss des Alterthums, insbesondere
römischen, mehr alsdes billig vernachlässigt ist. Unsere Er-
forschung der socialen und wirthschaftlichen Zustände in der
römischen Kaiserzeit bedarf noch vielfacher Förderung und Auf-
klärung; wollen wir zu einer lebenswahren Auffassung des Alter-
thums überhaupt gelangen, dann müssen wir nicht allein den
Haupt- und Staatsactionen, von denen unsere litterarischen Quellen
zumeist berichten, die deshalb auch in den Darstellungen dieser
Geschichtsepoche, von wenigen rühmlichen Ausnahmen abgesehen,
im Vordergrunde stehen und den breitesten Raum einnehmen,
sondern vor allem auch dem Leben und Treiben des kleinen
Mannes, der Lage des dritten Standes eine grössere Aufmerksamkeit
zuwenden. Jeder Schritt aber in solche Studien hinein zeigt, wie
wenig auf diesem Gebiete Untersuchungen vorliegt,an thatsächlichen
zeigt ferner, wie weit wir noch davon entfernt sind , in einer zu-
sammenfassenden Darstellung diese Verhältnisse nach Ursache und
Wirkung, sowie in ihrer vollen Bedeutung für den römischen Staat
würdigen zu können, und fordert endlich auf diese Fragen in Ein-
a*Vorwort.IV
stetszelarbeiteu, die aber das Eudziel im Auge behalten müsseD,
Beobachtung und Prüfung zueiner sor'glaltigeu untwziehen. Erst
dann werden wir die Lage der untern Volksclassen richtig be-
grosse sociale Krisis,urtheileu uud die welche einen wesentlichen
Entwicklung des römischen Reichs, alsoEinfluss auf die der Welt-
geschichte überhaupt, ausübte, verstehen können, eine Krisis von
einschneidenden,solcher tief die Menschheit zersetzenden Bedeu-
tung, wie sie seitdem nur im Reformationszeitalter und in der
Neuzeit unter verschiedenen uud doch in jedem Fall analogen
Bedingungen gebieterisch zu einer Entscheidung gedrängt hat.
Und auch in dieser Hinsicht tritt der hohe Wertli hervor, welchen
die Betrachtung der Geschichte des classischen Alterthums für
alle Zeiten haben wii'd. Hier können wir den ganzen Verlauf
verfolgen, jede Wellenbewegung, die eine neue Idee verursacht,
beobachten oder, wo die Quellen versagen, in ihren Wirkungen
erkennen. Eine abgeschlossene historische Epoche ist lehrreich
für Jeden, der aus der Geschichte lernen will, lehrreich in ihren
Vorzügen, wie in ihren Sünden und Missgriffen, besonders aber
in den socialen Beziehungen, welche trotz durchaller andere
Staatsverhältnisse, Bildung und Religion bedingten Verschieden-
heit ein stets wiederkehrendes Grundbild aufweisen.
Ich habe, von solchen Betrachtungen ausgehend, versucht,
an einem Punkte einzusetzen und veröffentliche zunächst Unter-
suchungen über das römische Vereinswesen. Das Wörtchen „zur",
das dem Titel vorgesetzt ist, Einschränkungdeutet indess eine
an, insofern nicht alle Vereinsbildungen im römischen Reich behan-
delt sind und dass ich ebenso wenig glaube bei den von mir be-
sprochenen alle schwebenden während einer genaueren Er-und
forschung sich aufdrängenden Fragen gelöst zu haben. In den
Mittelpunkt sind die Dass seitgewerblichen Verbände gestellt.
Moramsen's grundlegender Arbeit de collegiis et sodaliciis im
J. auf diesem1843 Felde eine so geringe Thätigkeit entfaltet ist
— Cohn's Abhandlung beschäftigt rechtlichen Seitesich mit der
der Vereinsbildung, erörtert historisch-antiquarische Fragen selten
und dann nicht mit viel Glück in—, lag in den von Mommsen
seinem schönen Schlusswort dargelegten begründet,Verhältnissen
besonders in dem Mangel einer vollständigen Inschriftensammlung.
Da ich die gewerblichen Verbände Gegenstande dreierzum
Untersuchungen gewählt habe, von welchen, wie ich ausdrücklichVorwort. V
die und Erläuterung findet,bemerke, eiue durch andere Ergänzung
ich damit keine Geschichte des Gewerbes oder Handelsso habe
im römischen Alterthum geben wollen, sondern bin nur den Spuren
nachgegangen. die Darstellung nüch-der Vereiusbildimg Wenn
trockner ist als man bei einem solchen Stoff erwartet,terner und
so liegt dies daran, dass ich bei meinen Arbeiten jeder Hypo-
abgeneigt bin und mich befleissige, die Grenzenthesenspielerei
unseres Wissens so klar als möglich zu bezeichneu.
Im Einzelnen bemerke ich Folgendes. Als meine Sammlungen
Theiles sich dembetreffs des dritten Abschluss näherten, erhielt
ich Dissertation von Schiess über die collegia funeraticia.die
Diese sorgfältige Studie hat das Material über die Begräbniss-
vollständiggenossenschaften fast veröffentlicht, so dass ich mich
in dieser Beziehung kürzer fassen durfte. Was Schiess' Dar-
stellung der Organisation betrifft, welche sich nur auf eine Be-
sprechung der vornehmsten Beamten und ihrer Functionen, sowie
der auf Begräbnisse sichdie erstreckenden Thätigkeit beschränkt,
welche durch das Thema der Arbeit geboten war, so lag mir
eine mehr principiellere Auffassung dieser Fragen nahe.
In der ersten Abhandlung habe ich versucht, die Entwick-
lung des römischen Vereinswesens in den allgemeinsten Umrissen
zu skizziren und den Weg, auf welchem die ursprünglich freien
Vereinigungen durch anfangs gern angenommene Privilegien von
Seiten der Reichsregierung und durch den Druck der Verhältnisse
allmählich zu Staatsinstituten und Zwangscorporationen geworden
nähersind, zu beleuchten. Ergänzend greift besonders hier die
dritte Abhandlung ein.
Im zweiten Theil gebe ich ein Verzeichniss der gewerblichen
Verbände und einiger verwandter Vereinigungen. Für das Tech-
nische ist auf die Handbücher zu verweisen. Ich hoffe, nichts
Wesentliches übersehen zu haben, indess ist es fast zu kühn, diese
Hoffnung auszusprechen betreffs einer Arbeit, welche sich im
Wesentlichen mit Inschriften beschäftigt. Die Zersplitterung
UDserer epigraphischen Pubhcationen wird von allen Seiten, denen
nicht sämmtliche, besonders die ausländischen, Zeitschriften und vor
allem die reichen Sammlungen zur Fortführung und Ergänzung des
Corpus inscriptionum zur Verfügung stehen, sehr beklagt. Wenn
man vielleicht in diesem Theil nur eine Statistik der gewerblichen
Vereinigungen sieht, so will ich sagen, dass ich nicht mehr zu gebenVorwort.VI
in einerein grösseres Thema Special-Wer irgeudbeabsicliti»>"te.
Material veröffentlichen,auch das umbehandelt, solltearbeit
und Berichtigung der FachgenossenVervollständigungdasselbe der
zu unterbreiten.
die Organisation desAbhandlung untersucht römi-Die dritte
dieselbe die gewerblichen Verbände an-wesens, soweitschen Vereins
schwebenden Fragen können überhauptReihe der hiercreht. Eine
imBetrachtung der römischen Association Allgemeinendurch dienur
Verbänden in jener vereinslustigenverschiedenen Arten vonund der
geführt werden, so besonders die Contro-der Lösung näherZeit
juristischenden Begriff der Corporation und derversen über
gesammelte Material über die Rechts-Ob das von mirPerson.
in privatrechtlicher Beziehung eine grösserefähigkeit dieser Vereine
zur Be-erfahren kann, überlasse ich KundigerenAusbeutung
urtheilung.
fürchte ich in diesem Theil fastIn der Angabe von Belegen
zu sein, indess bin ich bemüht gewesen, denzu weit gegangen
wahren. Ueber einzelne FunkteZusammenhang im Grossen zu
mich in der Arbeit selbst aus-betreffs der Anordnung habe ich
gesprochen.
Vereins-Einige wichtigere, zur Illustration des römischen
habe ich, da sie an verschie-lebens besonders geeignete Inschriften
bequemeren Benutzung halber amdenen Stellen citirt werden, der
Ende in einem epigraphischen Anhang zusammengestellt.
sich bei einer solchenEin detaillirtes Inhaltsverzeichniss lässt
dasselbe nicht über Gebühr an-Arbeit nicht geben, wollte man
schwellen lassen. geographische Verzeichniss kommt inDas
der kurze luder, denmancher Beziehung zu Hilfe; ich hoffe, dass
ich beifüge, den Zwecken einer über denbilligen Ansprüchen und
Inhalt des Buches schnell orientirenden Angabe genügen wird.
Jena, im Januar 1890.
Liebenain.W.