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Description
Sujets
Informations
Publié par | HELVETIQ |
Date de parution | 11 avril 2021 |
Nombre de lectures | 0 |
EAN13 | 9783907293362 |
Langue | German, Middle High (ca.1050-1500) |
Poids de l'ouvrage | 3 Mo |
Informations légales : prix de location à la page 0,0400€. Cette information est donnée uniquement à titre indicatif conformément à la législation en vigueur.
Extrait
RÉMY KAPPELER
WANDERPAPA
Familiengeschichten vom Wanderweg
WANDER
PAPA
Familiengeschichten
vom Wanderweg
RÉMY
KAPPELER
Für meine Familie,
die mit mir durchs Leben wandert
EINSTIEG
KAPITEL I
KAPITEL II
KAPITEL III
KAPITEL IV
KAPITEL V
KAPITEL VI
KAPITEL VII
KAPITEL VIII
KAPITEL IX
KAPITEL X
BLUFFERZETTEL
ANHANG
WIE ICH ZUM WANDERPAPA WURDE
SCHAUEN, WAS DER WEG ZU BIETEN HAT
NUR MAL KURZ RAUS
SPIELEND WANDERN
KINDER TRAGEN
GUT VORBEREITEN, FLEXIBEL BLEIBEN
SCHEITERN OHNE FRUST
DAS WETTER –
SO UNBERECHENBAR WIE KINDERLAUNEN
VERTRAUEN HABEN
WANDERN OHNE KINDER
GUT VORBEREITET BIS GANZ NACH OBEN
MÄCHTIG EINDRUCK SCHINDEN BEI DEN KINDERN
Seen – und warum sie so schön farbig sind
Jura – vom tiefen Meer zum Gebirge
Dolinen und Höhlen – löchrige Zeichen der Erosion
Sandstein – Fantastisches von Wind und Wetter
Suonen – ausgeklügelte Wassersysteme
Wanderwegweiser – Tausende weisen den Weg
Wandertunnel – durch die Röhre geblickt
Gottesanbeterinnen – filigrane Kannibalen
Schnecke – kleines Tierchen mit Wunderschleim
Frösche und Kröten – allabendliche Konzerte
Flechten – uralte Überlebenskünstler
Wald – millionenfacher Wasserspeicher
Bäume – wie sie ihr Dasein sichern
Laubbäume – wie sie dem Winter trotzen
Schnee – tief verborgene Geheimnisse
PACKLISTE
ORTSVERZEICHNIS
LITERATURLISTE
DANK
DER AUTOR
VERBAND SCHWEIZER WANDERWEGE
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EINSTIEG
WIE ICH ZUM WANDERPAPA WURDE
Vor vierzehn Jahren trat der Zwergenkönig in mein Leben – er fragte nicht lange und veränderte es von Grund auf. Später folgte sein Hofstaat: nach drei Jahren die Zauberfee, nach sieben der Lichterprinz. Sie machten sich in meinem Leben breit, bedienten sich frech meines Schlafes und beschränkten meine Freizeit und Bedürfnisse auf ein absolutes Minimum. Klar hatte ich ihnen freizügig den Zugang zu meinem trauten Heim gestattet und glaubte, eine Ahnung davon zu haben, was ich damit tat. Die drei lehrten mich das Gegenteil.
So weit, so normal. Aber eines liess ich mir nicht nehmen: das Wandern. Und so wurde ich zum Wanderpapa. Adieu grosse Gipfel und Ehrgeiz, willkommen Kurzwanderung und Geduld. Und ich merkte bald: Das ist der Hammer! Ich liess mich ein auf die wuseligen Erzählungen aus dem Leben des Zwergenkönigs, die urkomischen Fantasiefiguren der Zauberfee und das mantraartige Steinchensammeln des Lichterprinzen. Und heute springe ich wieder in Unterhosen in Bergseen, suche fiebrig im Dunkeln nach quakenden Fröschen, baue Rindenschifflein und lasse sie den Bach hinunter – meine Kinder machen es mir vor. Und sie lehren mich Mal für Mal, wie das geht, das Wandern mit Kindern.
Ein wichtiges Aha-Erlebnis hatte ich auf der Wanderung von der Planalp nach Brienz im Berner Oberland. Mit der Dampfzahnradbahn des Brienzer Rothorns fahren wir in die Mittelstation, im dortigen Berghaus mit seinem wunderschönen Blick auf den Brienzersee kehren wir ein und wandern dann los ins Tal. Bei Gäldried kreuzen wir die Gleise der Bahn, die bald laut rumpelnd den Berg heraufgeschnauft kommt. Wir setzen uns, nehmen einige Trockenfrüchte, trinken etwas und winken den Passagieren zu. Der Zug verschwindet wieder im Wald, dann im Tunnel. Das Stampfen des Dampfmotors hallt laut im Felsloch wider. Und plötzlich sehen wir die knallrote Eisenbahn erneut: Sie taucht für kurze Zeit in einem Felsenfenster weit oben auf.
Mit dem Zug ist aber augenblicklich auch die Motivation der Zauberfee verschwunden. Sie sei nudelfertig, klagt sie, legt sich kurzer-
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hand neben die Geleise, verschränkt die Arme auf der Brust und zieht den Hut ins Gesicht. Fertig. Ich weiss sofort, dass hier mit gutem Zureden nichts zu machen ist. Und versuche es natürlich trotzdem. Wie erwartet scheitere ich. Was jetzt?
Ich lasse den kleinen Lichterprinzen aus der Rucksacktrage aussteigen. Er macht gut mit, zottelt an der Hand der Wandermama los. Dann werfe ich mir die müde Tochter der Länge nach über die Schulter, wandere los, den anderen hinterher. Mit grossem Tamtam lassen wir uns von ihnen feiern und fotografieren. Wir halten durch, bis der Weg durch den Wald hinunter zur Brücke zum Milibach führt. Dort klettert der Älteste umgehend ins Bachbett und von Stein zu Stein Richtung Milibachfall. Wie durch ein Wunder findet auch die Zauberfee plötzlich wieder Energien und will umgehend runter von meiner Schulter. Wir picknicken, bauen Rindenschiffchen, baden schliesslich im kühlen Nass. Das Tief ist überwunden, und die Zauberfee wandert die ganze restliche Strecke bis Brienz diskussionslos.
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EINSTIEG
Das geheime Vater-Tochter-Ritual
Manchmal braucht es nur kurze Momente, und eine Wanderung ist gerettet: Die Kinder machen wieder mit, der Widerstand ist vergessen. Meine Tochter hat mir am Fuss des Brienzer Rothorns zu verstehen gegeben, dass sie jetzt Aufmerksamkeit braucht. Ich habe sie spielerisch abholen können und bin in diesem Fall unbewusst der Konfrontation mit ihr aus dem Weg gegangen. Dieses Rezept funktioniert. Immer wieder, und ich wende es seither regelmässig an.
Meine Tochter und ich sind sogar noch weiter gegangen. Aus dem Trick der Zauberfee ist ein geheimes Ritual zwischen Vater und Tochter geworden, das uns miteinander verbindet. Sie weiss in diesen Momenten zu gut, dass der Wanderpapa sich ihr nicht verweigern kann und sie kurz tragen wird. Und ich weiss ebenso gut, dass ich ihr Spiel mitmachen kann und dafür bekomme, was ich will: Sie wandert weiter. Und nicht zuletzt geniesse ich den unterdessen zur Schmeichelei gewordenen Protest, mit dem sie mich um den Finger wickelt. Dafür trage ich sie doch gerne eine Viertelstunde.
Noch ein Wort zum eingangs erwähnten Abschied vom Ehrgeiz. Dem ist natürlich nicht so. Wer schon einmal einen Tag lang eine Kindertrage mit Kind und Material für drei Sprösslinge getragen hat, weiss, wovon ich spreche. Es trotzdem immer wieder zu tun, heisst, den gesunden Ehrgeiz anzustacheln. Im Vergleich dazu ist das Erreichen eines Gipfels eine simple Sache.
WIE ICH ZUM WANDERPAPA WURDE
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KAPITEL I
SCHAUEN, WAS DER WEG ZU BIETEN HAT
Schon einmal eine Gottesanbeterin aus fünf Zentimetern Distanz beobachtet? Lust, die grazilen Insektendamen, die manchmal während des Liebesaktes ihren Partner auffressen, in der Schweiz aufzuspüren? Das ist meine Idee an diesem Augusttag, als ich mit meinen zwei Söhnen nach Branson ins Unterwallis reise. Keinen Gedanken verschwende ich daran, dass die Kinder Gottesanbeterinnen gar nicht so spannend finden und sich von anderen Dingen faszinieren lassen könnten.
Am Anfang der Wanderung überlege ich mir dann aber doch noch, ob ich selbst meine Idee gut finde. Während andere bei solch einem Topwetter hoch oben an der Frische prächtige Panoramawanderungen geniessen, wandern wir zwischen Industrie, Autobahn und Weinbergen. Doch unsere Stimmung ist gut.
Dem kleinen Lichterprinzen passt die Aussicht bestens: Lastwagen, Bagger und Betonmischer gibt es im Tal zuhauf zu sehen, dazu Pferde, Traktoren und rauchende Kamine. Und als es steil bergauf geht, konzentriert er sich aufs Geschehen in Bodennähe: Da krabbeln schwarze Käfer, springen Heuschrecken, sonnen sich Eidechsen.
Zum Glück habe ich nur eine eineinhalbstündige Tour vorbereitet; der Aufstieg ins Naturschutzgebiet Les Follatères zieht sich in die Länge. Schliesslich erreichen wir einen markanten Felskopf, wo uns eine ausgediente, getarnte Militäranlage erwartet: Der alte Betonklotz fasziniert den Zwergenkönig, neugierig inspiziert er die Schiessscharten. Beim Picknick diskutieren wir die Aussicht, als betrachteten wir eine riesige Modelleisenbahnanlage.
Nun beginnt die Suche nach den Gottesanbeterinnen. Viel wissen die meisten ja nicht über das Insekt, das im Frühling zahlreiche Larvenstadien durchmacht und jedes Mal die Farbe wechselt – je nach Umgebung grün oder braun. Mit der fünften Häutung ist das Wechselspiel vorbei. Sie sind nun – vom Sommer bis Spätsommer – einfacher zu finden. Theoretisch jedenfalls. Wir wandern der Bergflanke entlang nordwärts, steil sind die Grashänge, es kreucht und fleucht, doch weit und breit sehen wir keine Gottesanbeterinnen.
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Mit jedem Höhenmeter hinunter ins Tal sinkt unsere Zuversicht. Bis wir das letzte Feld erreichen. Hier entdeckt der Zwergenkönig endlich die fünf Zentimeter langen Tierchen, nur einen halben Meter vom Wegrand entfernt. Die Freude ist gross bei uns dreien, flacht aber beim Lichterprinzen hinten in der Rucksacktrage bald wieder ab. Zum Glück lassen sich die Gottesanbeterinnen von seinem lauten Geschrei nicht verjagen. Der Kleine ist müde und will weiter, damit er im Wandertrott schaukelnd einschlafen kann, und nicht wie der Papa minutenlang regungslos ins Gras starren.
Mit Knabbereien kann ich den Aufbruch noch etwa zehn Minuten herauszögern, dann gönne ich dem Lichterprinzen das Schläfchen, wenn auch etwas verärgert, weil ich gerne den Gottesanbeterinnen noch weiter zugeschaut hätte. Auf dem Weg nach Vernayaz hängen der Zwergenkönig und ich unseren Gedanken nach. Mein Blick streift ein letztes Mal über die hohen Gipfel: Zufrieden stelle ich fest, dass mich die prächtigen Panoramawanderungen dort oben nicht mehr kümmern – wenigstens heute nicht. Denn schliesslich sind alle zufrieden: Der Lichterprinz hatte seine Kräne und Bagger. Der Zwergenkönig seinen Militärbunker zum Entdecken. Und ich habe endlich mal Gottesanbeterinnen in natura gesehen.
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KAPITEL I
Der gute Weg und wie man ihn erkennt
Seit ich Wanderpapa bin, habe ich gelernt, was einen guten Familienwanderweg ausmacht. Nein, es sind nicht die Themenwege, die wie Pilze aus dem Boden schiessen – auf diese komme ich später noch zu sprechen. Ich liebe die Wanderwege, die uns kleine