Bodenschätze: Landvertreibung
113 pages
German, Middle High (ca.1050-1500)

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Bodenschätze: Landvertreibung , livre ebook

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Description

"Ein Kleinbauer ohne Land ist wie ein Fisch ohne Wasser", sagen die Bewohner und Bewohnerinnen der Gemeinde Las Pavas. "Wahrer Frieden wird geschaffen, wenn man uns die Möglichkeit gibt, unser eigenes Land zu bewirtschaften. Frieden bedeutet, keinen Hunger zu haben. Mit Hunger wird es immer Krieg geben."Von Paramilitärs verfolgt, der expandierenden Agro- und Bergbauindustrie bedrängt, vom eigenen Staat im Stich gelassen - das ist die Realität der drei Gemeinden Las Pavas, El Garzal und El Hatillo im Nordosten Kolumbiens. Die Menschen verlieren ihren seit Generationen bewohnten und landwirtschaftlich genutzten Lebensraum an Palmölunternehmen oder leiden unter den Auswirkungen des Steinkohletagbaus multinationaler Bergbaukonzerne wie Glencore Xstrata, von denen sie jetzt eine faire Umsiedlung fordern.Jann Duri Bantli lässt die Leserschaft hautnah miterleben, unter welch schwierigen Bedingungen sich Frauen, Männer und Kinder in einer an Bodenschätzen reichen Region Kolumbiens für die Durchsetzung ihrer Grundrechte einsetzen und dabei Kopf und Kragen riskieren.

Sujets

Informations

Publié par
Date de parution 10 octobre 2014
Nombre de lectures 1
EAN13 9783859902305
Langue German, Middle High (ca.1050-1500)

Informations légales : prix de location à la page 0,0540€. Cette information est donnée uniquement à titre indicatif conformément à la législation en vigueur.

Extrait

Jann Duri Bantli
Bodenschätze: Landvertreibung
edition 8
Über das Buch:
»Ein Kleinbauer ohne Land ist wie ein Fisch ohne Wasser«, sagen die Bewohner und Bewohnerinnen der Gemeinde Las Pavas.
»Wahrer Frieden wird geschaffen, wenn man uns die Möglichkeit gibt, unser eigenes Land zu bewirtschaften. Frieden bedeutet, keinen Hunger zu haben. Mit Hunger wird es immer Krieg geben.«
Von Paramilitärs verfolgt, von der expandierenden Agro- und Bergbauindustrie bedrängt, vom eigenen Staat im Stich gelassen – das ist die Realität der drei Gemeinden Las Pavas, El Garzal und El Hatillo im Nordosten Kolumbiens. Die Menschen verlieren ihren seit Generationen bewohnten und landwirtschaftlich genutzten Lebensraum an Palmölunternehmen oder leiden unter den Auswirkungen des Steinkohletagbaus multinationaler Bergbaukonzerne wie Glencore Xstrata, von denen sie jetzt eine faire Umsiedlung fordern.
Jann Duri Bantli lässt die Leserschaft hautnah miterleben, unter welch schwierigen Bedingungen sich Frauen, Männer und Kinder in einer an Bodenschätzen reichen Region Kolumbiens für die Durchsetzung ihrer Grundrechte einsetzen und dabei Kopf und Kragen riskieren.
Über den Autor:

Jann Duri Bantli, 1982 geboren, im Kanton Graubünden aufgewachsen. Studium der Politikwissenschaft in Zürich und Paris. Wiederholte Reisen und längere Aufenthalte in Lateinamerika und Westafrika, Wohnsitz in Barcelona und Paris. Verschiedene Tätigkeiten als Kellner, Touristguide, Nachtportier und Oberstufenlehrer. Menschenrechtsbegleiter mit Peacewatch Switzerland in Guatemala und Kolumbien. 2011 Publikation der Novelle Maislabyrinth im Eigenverlag. 2012–13 Buchrecherche in Kolumbien.
www.jannduribantli.com .
Jann Duri Bantli
Bodenschätze: Landvertreibung
Eine Reise nach Kolumbien
Dieses Buch wurde von der Kulturförderung des Kantons Graubünden mit einem Förderbeitrag unterstützt.
Besuchen Sie uns im Internet: Informationen zu unseren Büchern und AutorInnen sowie Rezensionen und Veranstaltungshinweise finden Sie unter www.edition8.ch
Bibliografische Informationen der Deutschen National-Bibliothek sind im Internet abrufbar unter http://dnb.ddb.de .
September 2014, 1. Auflage, © bei edition 8. Alle Rechte, einschliesslich der Rechte der öffentlichen Lesung, vorbehalten. Lektorat, Typografie, Umschlag: Heinz Scheidegger; Korrektorat: Verena Stettler; Umschlagbilder, vorne: Fundación Chasquis – Regula Gattiker, hinten: Fundación Chasquis – Pascal Blum; Autorenfoto: Pia Maurer; Karte: BIG/Michael Dreja; e-Book: mbassador GmbH, Luzern, Bad Langensalza
Verlagsadresse: edition 8, Quellenstr. 25, CH-8005 Zürich, Telefon +41/(0)44 271 80 22, Fax +41/(0)44 273 03 02, info@edition8.ch
ISBN 978-3-85990-230-5
»Un campesino sin tierra es como un pez sin agua.« »Ein Kleinbauer ohne Land ist wie ein Fisch ohne Wasser.«
Kleinbauernfamilien aus Las Pavas, Kolumbien
Hinweis:
Sämtliche nicht mit einer Fussnote belegten Aussagen in der direkten oder indirekten Rede wurden direkt mir gegenüber gemacht. In gewissen Fällen habe ich Zitate aus Sicherheitsgründen in die indirekte Rede umgewandelt und einer anonymen Allgemeinheit in den Mund gelegt.
Dieses Buch erhebt nicht den Anspruch, wissenschaftlichen Kriterien zu genügen. Die Fussnoten sollen der Leserschaft ermöglichen, sich bei Interesse eingehender mit den benutzten Quellen auseinandersetzen zu können.
Inhalt
1
Bogotá – Prolog
2
Las Pavas – die Rückkehr
3
El Garzal – Land in Sicht
4
El Hatillo – Kohle für den Norden
5
Landvertreibung und Paramilitarismus
6
El Garzal – das Leben von Salvador Alcántara
7
Las Pavas – Inspektion der staatlichen Behörde
8
Palmöl, CO 2 -Kredite und Drogengeldwäscherei
9
El Hatillo – Humanitäre Krise im Kohleabbaugebiet
10
Las Pavas – der grosse Sieg – aber wie weiter?
11
Pseudoprozesse gegen Menschenrechtsaktivisten
12
Recht ohne Grenzen – die Kampagne in der Schweiz
13
Menschenrechte – zur Erinnerung
Nachtrag
Quellen, Literatur und weiterführende Links
1 Bogotá – Prolog
Die bewaldeten Hügel der Cordillera Oriental in Wolkenfetzen gehüllt, Antennen, Strommasten, ein grosses Kreuz, die Klosterkirche Monserrate thronen über der Stadt. Darunter ein Labyrinth von Strassen, Bürogebäuden und Hochhäusern, die Fassaden vor Dreck und Abgasen geschwärzt, jegliche Farbe durch eine Schicht Grau gedämpft. Die Schönheit Bogotás ist zweifellos ihre Hässlichkeit, ihr Geheimnis liegt in der Verunstaltung, dem Mangel, dem Provisorium, im Defekt.
Ich setze mich auf die Bank einer Bushaltestelle und nehme mein Notizbuch hervor. Es gilt, die ersten Eindrücke festzuhalten, das Reine, das Pure, bevor ich alles zum x-ten Mal angeschaut und eingesaugt habe, meine Sinne sich abgestumpft haben. Lastwagen, Busse, Taxis, Motorräder brausen vorüber und nebeln mich ein. Bei jedem grösseren Gefährt halte ich mir kurz den Mund zu und versuche überhaupt nicht oder nur durch die Nase zu atmen. Der Gedanke, in Kolumbien werde man nicht nur entführt und umgebracht, sondern vor allem vergiftet, schiesst mir durch den Kopf.
Ein plötzlicher Windstoss frischt alles auf. Ein Lastwagen hüllt mich in die nächste Abgaswolke. Dann entlädt sich der graue Himmel, Regen prasselt nieder. Und gleich scheint wieder die Sonne.
Den ganzen Nachmittag lang geht das so weiter. Am Abend zieht ein harscher Wind. Die Menschen tragen dicke Jacken samt Schal, nur ich werde in T-Shirt und leichtem Pullover von der August-Kälte überrascht. Wenigstens ein Halstuch hätte ich mitnehmen sollen, ich naiver Neuankömmling im tropischen Süden auf über 2500 Meter über Meer.
Ein Spaziergang durch die Candelaria , die koloniale Altstadt. Vor einem der diversen Artesanía -Läden erkenne ich ein bekanntes Gesicht: Jorge. Mit Jorge habe ich vor zwei Jahren schwatzend einige Nachmittage in seinem Laden verbracht. Er malte mir einen Traum, eine Landschaft voller Lebewesen, halb Fisch, halb Mensch, mit schwarzem Filzstift auf gelbes Papier. Darunter schrieb er: Homenaje a Robert Schuman .
»Du bist immer noch hier«, sagt er, weniger an mich, denn an sich selber gerichtet.
»Ja, ich bin wieder hier, eben angekommen.«
Jorge nickt. Dann frage ich ihn, was es mit den Feierlichkeiten dieser Tage auf sich habe.
»Gestern, am 6. August, war der Feiertag zur Gründung von Bogotá , und heute ist der Jahrestag der Unabhängigkeit Kolumbiens.«
Er hält inne, dann ergänzt er: »Eine Unabhängigkeit in Anführungs- und Schlusszeichen. Das ganze Land wird veräussert. Gold, Kohle, Palmöl, alles wird zu Spottpreisen hergegeben und mit riesigen Schiffen in die weite Welt verfrachtet. Und für uns Kolumbianer bleiben einzig die Lizenzgebühren, doch die verschwinden in den Taschen der Staatsbeamten.«
Bodenschätze. Landvertreibung. Menschenrechtsverletzungen. Diese Begriffe skizzieren meine Rückkehr nach Kolumbien. Vor gut zwei Jahren, während der Monate April, Mai und Juni des Jahres 2010, besuchte ich verschiedene Kleinbauerngemeinden im Nordosten des Landes. Sie werden von paramilitärischen Gruppen mit Waffengewalt von ihrem Land vertrieben. Auf den Parzellen, wo sie ihre Grundnahrungsmittel anbauen, sollen riesige Palmölplantagen entstehen. Ich war schockiert. Ein Gefühl der Machtlosigkeit überkam mich. Auf Kosten dieser Kleinbauernfamilien werden die für unseren Konsum bestimmten Primärprodukte gewonnen. Doch von den im Norden resultierenden Profiten sehen sie gar nichts. Im Gegenteil. Niemand scheint sich für das Schicksal dieser Kinder, Frauen und Männer, für die Frage, ob sie eine Zukunft haben oder nicht, zu interessieren.
Zurück in Europa haben sich die Pläne, darüber ein Buch zu schreiben, nach und nach konkretisiert. Und nun bin ich hier, aufs Neue in Kolumbien, in der Hauptstadt Bogotá . Alles ist offen, alles ist möglich, ich stehe am Anfang, es kann losgehen. Die vereinzelten Kontakte zu kolumbianischen Menschenrechtsorganisationen sowie die Gewissheit, die Sachlage aus der Sicht der Betroffenen zu schildern, derjenigen Menschen also, bei denen ich die kommenden Monate leben werde, sollen fürs Erste genügen.
Am nächsten Tag auf der Plaza Simón Bolívar im Zentrum Bogotás . An der Fassade des Justizpalastes steht geschrieben:
Colombianos: Las armas os han dado independencia, las leyes os darán libertad. Santander.
Kolumbianer: Die Waffen haben euch die Unabhängigkeit gebracht, die Gesetze werden euch Freiheit bringen. Santander.
Darunter, an die Mauer gesprayt:
Contra la locomotora minero energético organización y lucha.
Gegen die Bergbau- und Energielokomotive Organisation und Kampf.
In der Mitte des Platzes steht:
La mina contamina.
Der Bergbau verschmutzt.
Einige Meter weiter, vor dem Kongressgebäude, hält ein Mann, seinen Oberkörper auf einen mit farbigen Stoffbändern und Schnüren geschmückten Stock gestützt, wild fuchtelnd eine Rede. Er spricht im Namen der Provinz Cauca und der Revolution, er verurteilt den Ausverkauf des Landes an ausländische Wirtschaftskonsortien. Der Mann erweckt einen verwirrten Eindruck, er scheint betrunken zu sein, doch formuliert er klare und deutliche Worte. Dieser Mann, stelle ich fest, weiss ganz genau, was er sagt: »Wir brauchen eine Landreform! Das Land gehört den Kleinbauern! Kolumbianer und Kolumbianerinnen, es ist allerhöchste Zeit, dass wir endlich handeln! So kann es nicht weitergehen! So haben wir keine Zukunft!«
In einem Zimmer hoch über den roten Dächern der Candelaria . Linkerhand tief im Süden die in Dunst und Smog gehüllten Hügelketten mit den Häusern der Desplazados , der durch den Bürgerkrieg intern Vertriebenen. Hunderttausende, gar Millionen sind in den vergangenen Jahrzehnten vom Land in die Stadt geströmt, ihrer Lebensgrundlage, dem die Existenz sichernden Stück Land, entrissen, und dazu verdammt, ihre Heimat zu verlassen. Also sind sie gegangen, um ihr Glück anderswo zu versuchen. Viele sind hier gelandet, in den südlichen Vororten Bogotás , täglich um ihr Überleben kämpfend, rebuscandose la vida , einem kollektiven Elend ausgeliefert,

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