HANDBOUNDAT THEUNIVERSITY OFTORONTO PRESSGESCHICHTEDERDEUTSCHEN SPRACHEVONJACOB GRIMM.ZWEITER BAND.f^"''VIERTE AUFLAGE. \^LEIPZIGVERLAG VON S. HIRZEL.1880.Pries in Leipzig.Druck von Hundertstund &XXI.BATAYEN.HESSEN UNDbuches 565Dasz ich von den Hessen ausführlicher handle als diesesverwun-ganzer anläge gemäsz scheint, wird keinen der mich kenntwar,dern, da ich an meiner heimat, in der meines bleibens nichtimmer lebhaft hieng und noch hänge.volks-Die Hessen sind, auszer den Friesen, der einzige deutscheunverrticktstamm, die mit behauptetem altem namen bis auf heuteerwähntan derselben stelle haftet, wo seiner in der geschichte zuerstward, denn wenn schon der Sueven name aus frühster zeit fortbe-steht, sind doch ihre sitze weiter gesteckt und veränderlicher gewesen,verwachsnedies in seinem beginn unvordenkliche, mit dem volksgefühlalseinhaben angestammter statte ist ein vortheil, aus welchem mehreine tugend flieszt. auch die Hessen, gleich den übrigen Deutschenmüssen einmal in ihre landstriche eingewandert sein; aber wann undunter welchen umständen es geschah weisz die geschichte nicht, nurreicht ihre ankunft lange hinaus über Caesars zeit, der die erst vonden Chatten ausgewanderten Bataven bereits auf der insel des Nie-derrheins kennt.Caesar selbst nennt die Chatten nie ; allein nur sie gemeint habenkann er unter den Sueven, die er als nachbarn der Cherusken imbakenischen walde schildert (s. unter den Sueven, von welchen491),er 4, ...
HANDBOUND
AT THE
UNIVERSITY OF
TORONTO PRESSGESCHICHTE
DER
DEUTSCHEN SPRACHE
VON
JACOB GRIMM.
ZWEITER BAND.
f^"''
VIERTE AUFLAGE. \^
LEIPZIG
VERLAG VON S. HIRZEL.
1880.Pries in Leipzig.Druck von Hundertstund &XXI.
BATAYEN.HESSEN UND
buches 565Dasz ich von den Hessen ausführlicher handle als dieses
verwun-ganzer anläge gemäsz scheint, wird keinen der mich kennt
war,dern, da ich an meiner heimat, in der meines bleibens nicht
immer lebhaft hieng und noch hänge.
volks-Die Hessen sind, auszer den Friesen, der einzige deutsche
unverrticktstamm, die mit behauptetem altem namen bis auf heute
erwähntan derselben stelle haftet, wo seiner in der geschichte zuerst
ward, denn wenn schon der Sueven name aus frühster zeit fortbe-
steht, sind doch ihre sitze weiter gesteckt und veränderlicher gewesen,
verwachsnedies in seinem beginn unvordenkliche, mit dem volksgefühl
alseinhaben angestammter statte ist ein vortheil, aus welchem mehr
eine tugend flieszt. auch die Hessen, gleich den übrigen Deutschen
müssen einmal in ihre landstriche eingewandert sein; aber wann und
unter welchen umständen es geschah weisz die geschichte nicht, nur
reicht ihre ankunft lange hinaus über Caesars zeit, der die erst von
den Chatten ausgewanderten Bataven bereits auf der insel des Nie-
derrheins kennt.
Caesar selbst nennt die Chatten nie ; allein nur sie gemeint haben
kann er unter den Sueven, die er als nachbarn der Cherusken im
bakenischen walde schildert (s. unter den Sueven, von welchen491),
er 4, 16 die Ubier gedrängt werden läszt, wie sie bei Florus mit
566Cherusken und Sigambern ungemachte beute theilen (s. es521).
flieszt daraus für unsre Untersuchung gleich der wichtige satz, dasz
die Chatten ein hochdeutscher, zu den Sueven nah gehöriger stamm
sind (s. 494).
Ich will dafür einen beweis aus unscheinbarer volkssage führen,
den ich nicht gering schätze, noch heute nennt man in ganz Deutsch-
land, ohne zu wissen warum, beide die Hessen und Schwaben ""blinde',
und nichtwer etwas gesehn hat, das andern in die äugen fiel, wird
auf der stelle "^ein blinder Hesse' gescholten. besonders ist diese
schelte den sächsischen oder westfälischen nachbarn der Hessen zur
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band; ich finde aber auch, dasz die Niedersachsen im 16. jh. den
Hessen den beinamen "^Hundhessen ertheilten, was man auf den hund-
ähnlichen löwen der hessischen fahne bezog*, ein müUer zu Affoltem
hundehessen,nannte die hessischen Soldaten im 1622 'blindej.
,** müssenSchelme, diebe und räuber Süddeutschen und Schweizern
Sprich-die Schwaben herhalten: ""blinder Schwab' ist schweizerisches
Nefflens vetterwort (Kirchhofer s. 94). 'ei ist es wahr , heiszt es in
zehn tage blindaus Schwaben s. 166, 'dasz die bauern in Schwaben
bleiben der geburt? mein sagte mirs, er war innach groszvater
Schwaben einmal gar lange im quartier . Leonh. Thurneiser, der be-
art;kannte Baseler arzt, schreibt (im 'schwäbische3, 147 j. 1584):
welche geschlecht der menschen nach der geburt, wie man vermeint,
scherzneun tage als die hunde blind ligen sollen.' Was so tief in
uralt, undund ernst des volks wurzelt, kann nicht anders sein als
dieselbenich zweifle nicht, dasz im dreizehnten und neunten jh.
ausführlicherredensarten, vielleicht nur verschieden gewendet und
entwickelt aus dem munde der leute giengen.
schon Moser läszt die frage aufwerfenWie sie nun deuten?
beantworten***, es konnte selbst Römern, die567und nicht uneben
oder Catti hörten, einfallen ihn mit catus, catulus,den namen Chatti
catellus und catta zu vergleichen (s. 38. ich weisz nicht, wann39);
in unserm mittelalter aus Melibocus, bei Ptolemaeus ro MriU-zuerst
ßoüov die Vorstellung Cattimelibocus und der deutsche nameOQog,
in gebiet eingrafen von Katzenellenbogen sich erzeugte, derender
erleichterte, in derenMalchenberg (mallobergus) diese anwendung
Dieser einklangfahne, wie in allen hessischen, der löwenhund warf.
nicht den schwäbischen,erklärt aber blosz den hessischen namen,
dasz aus dem lateinischenes ist an sich völlig unwahrscheinlich,
die Schwaben und Hessen inwitz die deutsche sage und schelte,
dürfen, entsprungen sei.gemeinschaft schon auf sich nehmen
* Lüntzels hildesheimische stiftsfehde s. 36. 38. 39.
** geschichte 202.Rommels hess. 7,
*** ich weisz nicht wie die rede eben auf dieblin-Mosers werke 5, 26:
woher doch in aller weit kommenden Hessen fiel, als jemand fragte, es diese nation gewis einemöchte, dasz man die Hessen bhnd nennt,^ da
rief der alte präsident vonder scharfsichtigsten in Deuschland sei? 'o'
Hessen hieszen ehmals Rat-'das will ich ihnen wol sagen: dieZ . . . aus,
sicher eineKhazzen, woraus zuletzt Hessen geworden; und es istten oder
mitjenemblinde geburt der katzen, dasz man die Hessenanspielung auf die
heiszen,da die Hessen nicht mehr Khazzensobriket beehrt hat, welches itzt,
denhaben die Cherusker, die mitganz wegfallen sollte. Wahrscheinlich
sobriket zuerst aufgebracht.'Katten in beständigem kriege lebten, jenes
Heinrich I er-oder auch katze (Zeitschrift des hess. Vereins 4, 13).t
Graf von Katzen-scheint in der zweiten hälfte des eilften jh. als ältester
von der Vogelweideseiner nachfolger gedenkt Waltherellenbogen; eines
gebir^sgestalten nachdem M in N war natürlich und81, 6. Übergang aus
mittelalters s. 621üblich. Rühs in seiner gesch. desthieren zu benennen
kommt nicht von den Chatten, sondernversichert höchst naiv: der name
ist als behauptete man, dervon dem alten schlosz Katzenellenbogen, das
von den Bojen.name Böhmen komme von Bojohemum, nicht