BarfuÃ?kinder: Eine Kindheit in der Zwischenkriegszeit
182 pages
Deutsch

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BarfuÃ?kinder: Eine Kindheit in der Zwischenkriegszeit , livre ebook

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Description

Berta Margreiter zählt zu den bekanntesten Mundartdichterinnen Tirols. Sie kam 1924 als jüngstes von vier Kindern der Kleinbauernfamilie Rabl an der Gemeindegrenze von Hopfgarten/Grafenweg zu Niederau/Wildschönau zur Welt. Das musisch geprägte Elternhaus, starkes Interesse am Lesen und ein Lehrer, der weit über den Rahmen einer Dorfschule hinaus auch klassische Literatur vermittelte, waren der Keim für die spätere Liebe zur Schriftstellerei.

In diesem Buch beschreibt sie die Zeit ihrer Kindheit und Jugendzeit während der Zwischenkriegsjahre in der Wildschönau.

Sujets

Informations

Publié par
Date de parution 05 mars 2013
Nombre de lectures 0
EAN13 9783853612019
Langue Deutsch
Poids de l'ouvrage 5 Mo

Informations légales : prix de location à la page 0,0500€. Cette information est donnée uniquement à titre indicatif conformément à la législation en vigueur.

Extrait

Berta Margreiter
Barfußkinder
Eine Kindheit in der Zwischenkriegszeit
eBook Edition 2012
© Edition Tirol Alle Rechte bei: Verlag Edition Tirol St. Gertraudi 16 6235 Reith im Alpbachtal
Nachdruck und Vervielfältigung (auch auszugsweise) verboten.
Inhaltsverzeichnis Barfußkinder Das Haus auf dem Hügel Als unser Vater starb Der Versehgang in alter Zeit Die Zeit danach Wetti Unser Bruder Hans Der Krummer-Laden Die Sägemühle Der Bauernhof in alter Zeit Wie es mit der Hygiene bestellt war ... Die große Wäsche – Buntwäsche Die Männer mit dem Kautabak Eintritt in die Volksschule Erstkommunion und Firmung Unbestimmte Ängste und Träume Heiligenbilder und Wandschoner Der Schmerzensmann auf dem Burgstallstein Mein Bruder Peter Ein Kleinbauer als Nottierarzt Beleuchtung und Heizmöglichkeiten einer vergangenen Zeit Frieda – „Magst umfoin und sterbm?“ Bettler – Hausierer, Zigeuner, Karrner Die allgemeine Not Ärztliche Betreuung durch Lehrer, Hebamme und Pfarrer Das „Gfrett“ mit den Zähnen – Zahnreißer Botengänge Prügelstrafe war damals noch üblich Betty – nicht mehr Wetti! Die Bauernkost Schweiber Wetté Religiöses Leben – der Religionsunterricht Palmsonntag bis Pfingsten – Prozessionen Zu Pfingsten kam der „Ringlpater“ Mariastein – die wichtigste Wallfahrt im Unterland Geselligkeit bei uns daheim Wo kommen die kleinen Kinder her? Volksmeinungen über das Neugeborene Die Taufe – die kirchliche Aufsegnung Viele Kinder – großer Segen Das Problem der ledigen Mütter Hebammen – Weise Frauen – Wehmutter Mein Bruder Sepp Der Bruggberger Wald Das Moosbeerklauben Arbeiten vom Frühjahr bis zum Herbst Die Heuernte und der Kornschnitt Das Kühehüten im Herbst – Allerheiligen Weite Fußmärsche, Fuhrwerke, erste Motorräder Das Postauto – Die Bötinnen – Die Radfahrer Meine Bahnfahrten mit der Mutter Eine Bauernhochzeit in alter Zeit Ansuchen um eine Heiratserlaubnis Und noch einmal: Die Sägemühle Die Kleidung in den 1930er Jahren Mit Frieda unterwegs Der Umbruch Abschied von der Volksschule Ein Unfall mit dem Rad meines Bruders Arbeitsdienst und Krieg Dann kam der Krieg. Advent und Weihnachten Der Nikolausabend Das Anklöpfeln Das Zeltenbacken Der Heilige Abend – Das Fisolenweibele Mutter kommt ins Spital Daheim allein … Die Autorin Werke
Barfußkinder
Unser Dorf, abseits der großen Verkehrsstraße im Inntal, umgeben von bewaldeten Kuppen, gegen Süden hin vom hoch gelegenen Markbachjoch, heute ein bekanntes Skigebiet. Ein Dorf, das sich vor allem in der Niederung ausbreitet, deshalb wohl sein Name Niederau. Doch bis zur Waldgrenze hinauf hatten sich schon vor Jahrhunderten die Einzelhöfe angesiedelt, oft zu zweit, vielleicht mit einem kleinen Austragshaus, das für die alten Bauersleute bestimmt war. Manche dieser Höfe mit Äckern und Wiesen ringsum, sie glichen einem kleinen Königreich. Nichts hinderte die Sicht ins Tal und über die Berge hin, Bauersleute und Gesinde lebten inmitten der freien Natur. Doch die Schattenseite war unübersehbar für ein kundiges Auge: Die harte Arbeit im steilen Gelände, viel Mühe und wenig Ertrag. Dazu der weite Weg zur Kirche, für die Kinder zur Schule.
Ein Dorf ist immer in Weilern eingeteilt, das bedeutet eine kleine Anzahl von Häusern, die jeweils eine Einheit bilden. Der größte und wichtigste heißt heute „Moarhof“. Der Name deutet auf eine erste Besiedelung hin. Dort stehen die Kirche, das Krämerhaus, der Dorfwirt, der Pfarrhof und das Schulgebäude. Auch ein paar stattliche Bauernhöfe sind vorhanden, lange Zeit mit einem Misthaufen zur Straße hin. Daran nahm man in alter Zeit keinen Anstoß. Erst als Fremdengäste mehr und mehr eintrudelten, wurde dieser Umstand als Übel erkannt. Diese „Fremden“ wurden durchwegs als „Hearische“ bezeichnet, das bedeutete nichts anderes, als dass sie „bessere“ Leute waren, solche mit Geld, sonst könnten sie sich eine Sommerfrische gar nicht leisten. Im Winter kamen nur ganz wenige Gäste ins Dorf, das Schifahren hatte damals noch kaum Bedeutung, auch Lifte gab es noch nicht in dieser Gegend. Was aber die Misthaufen anbelangte, so wurden sie aufs Heftigste verteidigt, sofern sie sauber angelegt waren. Jedenfalls zeugte ein „schöner“ Misthaufen von der Sorgfalt eines Bauern, der das Notwendige mit dem Gefälligen zu verbinden wusste. Wenn diesem Umstand Rechnung getragen wurde, wie sollte denn eine Dorfstraße verschandelt sein, wie man behauptete? Das war nicht einzusehen. Dennoch, nach Jahren, als ich wieder in mein Heimatdorf kam, waren diese Misthaufen verschwunden, und wohl an einer weniger einsehbaren Stelle angelegt worden.
Die Weiler des Dorfes haben durchwegs Namen, die der Örtlichkeit angepasst sind. Markbach hat seinen Namen von einem Bach, der die Grenze zwischen Niederau und Hopfgarten bildet. Er teilt aber auch unseren Weiler, der großspurig „Vorstadtl“ heißt, in zwei politische Hälften. Es sind insgesamt sechs Häuser, die drei jenseits des Baches gehören zur Wildschönau, die drei anderen, darunter auch das unsere, zur Landgemeinde Hopfgarten. Die Schule und die Kirche besuchten wir aber in Niederau; auch unsere Toten werden heute noch auf diesem Friedhof begraben. Das ganze Gebiet von unserem Haus bis nach Hopfgarten bezeichnet man nach wie vor als den „Grafenweg“. Er zieht sich lange hin, zuerst an einigen Bauernhöfen vorbei, dann an Waldflächen, die uns als Kinder endlos schienen. Dann erst kommt der Markt Hopfgarten in Sicht.
Auf dem dortigen Gemeindeamt hatten wir des Öfteren zu tun. Und der lange Weg dorthin musste immer zu Fuß zurückgelegt werden. Nicht nur die Weiler, auch die Häuser haben durchwegs Namen, die auf ihre besondere Lage hinweisen. Unter uns, in einer Mulde eingebettet, war „die Grub“, weiter oben hieß es beim „Tischler“, das wies auf einen Tischler hin, der einmal dort gelebt hatte, das nächste war der „Krummer“, obwohl dort kein Krämerladen mehr bestand, seit Menschengedenken nicht mehr. Der Name aber ist geblieben. So wiesen die Hausnamen auch immer wieder auf die Tätigkeit eines längst verstorbenen Besitzers. Die Sägemühle in unserer Nachbarschaft trug diesen Namen noch immer zu Recht, besonders in der Zeit, als einer meiner Onkel die Landwirtschaft, die Mühle und die Säge aufgekauft hatte. Niederau um 1930
Diese Namen verursachten uns weiter keine Kopfschmerzen. Wohl aber die „Holztratt“ – ein kleines Haus, nur wenige Minuten von unserem entfernt. Der Name hatte wohl etwas mit Holz zu tun, das scheint eindeutig der Fall zu sein. Der Hausname „Kohler“ verrät ganz deutlich, dass hier einmal ein Köhler sein Handwerk betrieben hatte. „Boar“ wies auf einen Besitzer hin, der einstmals aus Bayern gekommen war, das war einleuchtend. Ein hochgelegener Bauernhof am Sonnberg, dicht unter der Waldgrenze, heißt „Thierwald“. Ob in alter Zeit wohl die wilden Tiere aus dem Wald zuweilen bis ans Haus herangekommen waren?
Mein Großvater mütterlicherseits nannte seinen Hof „beim Schwaiger“. Der Name deutet auf eine uralte Besiedelung hin, und so gäbe es noch viele Beispiele dieser Art.
Der Grafenweg, dieses große Gebiet zwischen der Wildschönau und Hopfgarten, gibt den Forschern Rätsel auf. Manche glauben sogar, es hieße richtig „Grabenweg“, aber das erstere ist wohl glaubhafter. Schon im Hinblick auf den Namen „Burgstallstein“ und die Höfe „Unter- und Oberburgstall“. Auch steht ganz oben auf dem Burgstallstein, so nennt man die von Buchenwäldern bewachsene eindrucksvolle Kuppe zwischen Sonnberg und Bacherwinkel, eine alte Kapelle, sie trägt den gleichen Namen.
Darunter die beiden Höfe. Besonders Unterburgstall sticht in seiner Bauweise von den übrigen Bauernhäusern ab.
Es hat – zumindest in meiner Kinderzeit war es so – ein großes, gewölbtes Tor, einen ungewöhnlich breiten und langen Hausgang mit dicken Mauern. Sollte dieser Hof einstmals ein gräflicher Rossstall gewesen sein?
Nun aber zurück zu anderen Hausnamen! Wiesenhäusl, wirklich nur umgeben von Wiesen und Äckern, trug seinen Namen zu Recht. Im Wiesenhäusl aber war auch eine kleine Postablage vorhanden, ein winziges Zimmer, das im Winter eiskalt war. Hier waltete die Postfrau ihres Amtes. Sie musste die Pakete, Briefe und Karten am Nachmittag austragen, die neue Post weiterleiten, damit hatte sie genug zu tun. Bei uns daheim hieß es beim „Schuster“. Der Name kam davon, weil etliche Generationen vor meinem Vater Schuhmachermeister gewesen waren. Es war ein Zubrot zur kleinen Landwirtschaft. Der Name gefiel mir überhaupt nicht, ich hätte mir eher etwas Klangvolleres gewünscht.
In dieser Zeit wurde im Dorf alles hergestellt, was nur möglich war. Man ging nur selten hinaus aufs Land um dort einzukaufen – nur dann, wenn eine Ware bei uns absolut nicht zu erwerben war.
Handwerker aber waren im Dorf unentbehrlich. Es gab bei uns den Schneider, den Schuster, den Drechsler, den Wagner, den Weber, den Müllermeister, den Schmied.
Viele Männer übten einen Nebenberuf aus, wenn die kleine Landwirtschaft eine Familie nicht ernähren konnte. Unter uns, in der Grub, betätigte sich der Mann als Holzschuhmacher. Das war eine ganz wichtige Aufgabe, denn damals trug man an Werktagen durchwegs Holzschuhe.
Diese Schuhe hatten eine dicke Holzsohle, vorne eine Lederkappe, hinten waren sie offen. So konnte man schnell wieder heraus schlüpfen und auch hinein. Man trug diese Holzschuhe nie an einem Sonntag, außer bei der Stallarbeit.
Auch andere Kleinhäusler hatten das Glück, daheim ihrem Nebenerwerb nachzugehen. Da waren zum Beispiel die Korbflechter, die neue Körbe herstellten und alte ausbesserten, auch Tischler waren gefragt, Maler und Anstreicher. Wenn aber der Mann einer außerhäuslichen Arbeit nachging, so traf es die Frau daheim umso härter. Sie musste oft die Stallarbeit verrichten, vielleicht das Vieh füttern, Gras mähen und eintragen, daneben noch den Haushalt und die Kinder versorgen. Aber auch der Mann war gefordert: Vor der Arbeit außer Haus vielleicht die Kühe melken und anderes, um die Frau ein wenig zu entlasten. Und nach der Schicht konnte er sich nicht ausruhen wie andere, immer noch gab es daheim Ar

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