Materielle Entbehrung in der EU Zusammenfassung Auf EU-Ebene stützen sich die am häufigsten verwendeten Indikatoren im Bereich von Armut und sozialer Ausgrenzung auf einen monetären Ansatz, der relativ ist (d. h. sich an einem Grenzwert orientiert, der in Bezug auf die Einkommensverteilung in den einzelnen Länder definiert ist). Mit dem in diesem Papier vorgeschlagenen Statistik Ansatz sollen die in den Indikatoren zusammengefassten Informationen ergänzt werden, indem auf der Grundlage unterschiedlicher Dimensionen („ökonomische Anspannung“, „unfreiwilliger Mangel an Gebrauchsgütern“ und „Wohnen“) „absolutere“ Messgrößen der materiellen Entbehrung (Deprivation) betrachtet kurz gefasst werden. Die Überschneidungen zwischen relativer monetärer Armut und materieller Entbehrung werden ebenso untersucht wie die Risikofaktoren der Entbehrung innerhalb der verschiedenen Dimensionen. Vorgeschlagen wird darüber hinaus eine gewichtete Version der Indikatoren, um eine weniger „absolute“, eher dem jeweiligen nationalen Kontext entsprechende Darstellung der materiellen Entbehrung zu ermöglichen. BEVÖLKERUNG UND SOZIALE BEDINGUNGEN Was lässt sich mit Indikatoren der materiellen Entbehrung messen?
Auf EU-Ebene stützen sich die am häufigsten verwendeten Indikatoren im Bereich von Armut und sozialer Ausgrenzung auf einenmonetären Ansatz, derrelativ ist (d. h. sich an einem Grenzwert orientiert, der in Bezug auf die Einkommensverteilung in den einzelnen Länder definiert ist). Mit dem in diesem Papier vorgeschlagenen Ansatz sollen die in den Indikatoren zusammengefassten Informationen ergänzt werden, indem auf der Grundlage unterschiedlicher Dimensionen (ökonomische Anspannung, unfreiwilliger Mangel an Gebrauchsgütern und Wohnen) absolutere Messgrößen der materiellen Entbehrung (Deprivation) betrachtet werden. Die Überschneidungen zwischen relativer monetärer Armut und materieller Entbehrung werden ebenso untersucht wie die Risikofaktoren der Entbehrung innerhalb der verschiedenen Dimensionen. Vorgeschlagen wird darüber hinaus eine gewichtete Version der Indikatoren, um eine weniger absolute, eher dem jeweilig en nationalen Kontext entsprechende Darstellung der materiellen Entbehrung zu ermöglichen.
Was lässt sich mit Indikatoren der materiellen Entbehrung messen?
In der derzeitigen Liste der gemeinsamen (EU-)Indikatoren der Armut und sozialen Ausgrenzung, die im Kontext der offenen Koordinierungsmethode auf die soziale Eingliederung angewandt werden, liegt der Schwerpunkt auf Indikatoren für relative Einkommensarmut, das in Bezug auf die Einkommensverteilung in den einzelnen Ländern definiert ist. Eine absolute Vorstellung ist für die EU vor allem aus zwei Gründen weniger relevant. Zum einen besteht für Europa die wichtigste Aufgabe nicht darin, einen grundlegenden Lebensstandard zu erreichen, wie in den weniger entwickelten Regionen der Welt, sondern vielmehr darin, die gesamte Bevölkerung der Segnungen eines Wohlstands auf hohem Niveau teilhaftig werden zu lassen. Zum anderen hängt das, was als annehmbarer Mindest-Lebensstandard gilt, weitgehend vom allgemeinen wirtschaftlichen und sozialen Entwicklungsniveau ab, 1 das zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten oft erhebliche Unterschiede aufweist .
Dennoch stellt sich die Frage, ob sich die Situation in den neuen Mitgliedstaaten, den Beitritts- und Bewerberländern sowie die Unterschiede zwischen ihnen und den alten Mitgliedstaaten mit dem gängigen Satz an Indikatoren angemessen darstellen lassen. Bei einem Vergleich der einzelstaatlichen Situationen in einer erweiterten Union stellt sich die relative monetäre Armut in den alten und neuen Mitgliedstaaten als ziemlich ähnlich dar, obwohl die Lebensstandards extrem unterschiedlich sind, wie etwa ein Vergleich des Niveaus der Grenzwerte für die Armutsgefährdung in den einzelnen Staaten zeigt (siehe Tabellen A und B im statistischen Anhang). Veranschaulichen lassen sich die unterschiedlichen Lebensbedingungen auch durch einige Einzelbefunde zur materiellen Entbehrung in den neuen Mitgliedstaaten und den Beitritts- und Bewerberländern. Wie aus Tabelle B des statistischen Anhangs ersichtlich, hätten etwa 30 % der Bevölkerung in den meisten neuen Mitgliedstaaten, den Beitritts- und Bewerberländern gerne ein Fahrzeug, können es sich jedoch nicht leisten (unten als unfreiwilliger Mangel bezeichnet). Ausnahmen sind die Tschechische Republik (19 %) sowie Malta, Slowenien und Zypern, die etwa im EU-Durchschnitt (5 %) liegen. Das unterschiedliche Ausmaß der Deprivation in EU-25 ist in Bezug auf grundlegende Bedürfnisse noch auffälliger: Der Bevölkerungsanteil, der sich kein Essen mit Fleisch, Geflügel oder Fisch jeden zweiten Tag (sofern gewünscht) leisten kann, liegt in 5 der 10 neuen Mitgliedstaaten bei oder über 30 % und in den Beitritts- und Bewerberländern noch höher (der EU-15-Durchschnitt liegt bei 4 %). Der Bevölkerungsanteil, der nicht über eine in der Wohnung gelegene Toilette mit Wasserspülung verfügt, liegt in den baltischen Staaten bei etwa 20 %, d. h. drei Mal höher als im am meisten von Entbehrung betroffenen Land der EU-15 (Portugal). Diese Zahlen verdeutlichen die Notwendigkeit, die durch Indikatoren der relativen monetären Armut gelieferten Informationen zu ergänzen, um ein vollständigeres Bild der Lebensbedingungen der Bevölkerung in verschiedenen nationalen Kontexten zu gewinnen.